Multilaterale Rahmenvereinbarung (MRV) für grenzüberschreitende Telearbeit ab dem 1. Juli 2023

1. Ausgangslage

Eines der Grundprinzipien des europäischen Sozialversicherungsrechts ist, dass eine Person nur in einem Mitgliedstaat pflichtversichert sein darf. Welcher Mitgliedstaat das ist, richtet sich nach Titel II der VO (EG) Nr. 883/2004.

Vor allem Covid-19 hatte führte dazu, dass vermehrt Home-Office Tätigkeiten in vielen Unternehmen eingeführt worden ist. Die Umstellung war entsprechend komplex. Für Dienstnehmer, die vor der Pandemie ausschließlich am Sitz des Dienstgebers tätig waren, aufgrund der Pandemie nun aber zumindest 25 % ihrer Tätigkeit vom Homeoffice aus erbracht haben, hätte dieser Umstand einen Wechsel der Sozialversicherungszuständigkeit zur Folge gehabt.

Um abrupte Zuständigkeitsänderungen zu vermeiden, wurde eine Covid-Sonderregelung im Bereich der Sozialversicherung eingeführt. Bis zum 30. Juni 2022 galt das Credo, dass die Sozialversicherungsunterstellung aufgrund von coronabedingter Telearbeit im Wohnsitzstaat im Arbeitgeberstaat verbleibt. Diese Sonderregelung wurde sodann abermals bis zum 30. Juni 2023 verlängert. 

Das Auslaufen dieser Sonderregelung hätte daher ab dem 1. Juli 2023 zu einer Änderung des zuständigen Staates geführt, wenn ein wesentlicher Teil der beruflichen Tätigkeit im Home-Office erledigt wird. Ein „wesentlicher Teil“ wird – gemessen an der Arbeitszeit und/oder am Einkommen - mit 25% der Gesamttätigkeit beziffert.

Die EU Verwaltungskommission hat sich aufgrund dieses Umstandes mit der Frage beschäftigt, wie eine mittelfristige Lösung für die Zukunft der Sozialversicherungskoordination aussehen könnte.

Es wurde eine Arbeitsgruppe damit beauftragt, welche nun die sogenannte MRV (Multilaterale Rahmenvereinbarung) – oder auch MFA (Multilateral Framework Agreement) genannt – präsentierte.

 

2. MRV-Telearbeit

Mit dem MRV wird nun ein Optionsrecht (Opt-in) ermöglicht, um im Sozialversicherungssystem des Arbeitgeberstaates zu verbleiben, auch wenn sich die Telearbeit im Wohnsitzstaat von 25% bis 49% beläuft.

Neben der 49%-Grenze sieht die „MRV-Telearbeit“ auch noch eine Reihe weiterer Voraussetzungen vor:

•        Der Arbeitnehmer ist in einem EU-/EWR-Staat ansässig, der die „MRV-Telearbeit“ unterzeichnet hat.

•        Der Arbeitgeber ist in einem EU-/EWR-Staat ansässig, der die „MRV-Telearbeit“ unterzeichnet hat.

•        Der Arbeitnehmer übt in seinem Wohnsitzstaat keine andere Tätigkeit als Telearbeit[1] aus.

•        Der Arbeitnehmer übt gewöhnlich in keinem anderen Staat als dem Arbeitgeber- bzw. Wohnsitzstaat eine Tätigkeit aus.

Mit Stand 3. Juli 2023 haben folgende EU-/EWR-Staaten die „MRV-Telearbeit“ bereits unterzeichnet:

  • Belgien
  • Deutschland
  • Finnland
  • Liechtenstein
  • Luxemburg
  • Niederlande
  • Norwegen
  • Österreich
  • Slowakei
  • Schweiz
  • Tschechien
  • Malta
  • Portugal
  • Spanien
  • Schweden
  • Kroatien
  • Polen
  • Frankreich


Nicht Unterzeichnungsstaaten:

  • UK

Es ist davon auszugehen, dass in nächster Zeit noch weitere Staaten dazukommen.

Da sowohl Deutschland als auch Tschechien und die Slowakei die „MRV-Telearbeit“ unterzeichnet haben, verlieren die bilateralen Rahmenvereinbarungen, die Österreich mit diesen Ländern zwischenzeitlich abgeschlossen hat, ihre Bedeutung.

 

3. Antrag notwendig

Bei den Begünstigungen der MRV Telearbeit handelt es sich um ein reines Wahlrecht. Die Rechtswirkungen der „MRV-Telearbeit“ treten nur ein, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer dies abgestimmt beantragen.

Der Antrag ist im Arbeitgeberstaat zu stellen, im Falle Österreichs beim Dachverband der Sozialversicherungsträger.

Der Antrag wird für einen Zeitraum von maximal 3 Jahren genehmigt, kann aber darüber hinaus wiederum verlängert werden.

 

Kontakt:

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