Nationalrat beschloss neue Regeln für freie Dienstnehmer

Der Nationalrat hat letzte Woche einstimmig Kündigungsregeln und Kollektivvertragsmöglichkeiten für freie Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer beschlossen.

1. Kündigungsregelungen für freie Dienstverhältnisse

 

Die Kündigungsregelungen des § 1159 ABGB in der Fassung vor der Novelle
BGBl I 2017/153 wurden nach herrschender Lehre und ständiger Rechtsprechung analog auch auf freie Dienstverhältnisse angewendet, da sie primär der technischen Abwicklung von Dauerschuldverhältnissen dienten und die Interessen der Vertragsparteien vor abrupten Vertragsbeendigungen schützten.

 

Im Gegensatz dazu enthält § 20 AngG zwingende Schutzbestimmungen zugunsten von Angestellten, die nicht auf freie Dienstverhältnisse übertragbar sind. Die Frage, ob die neuen Kündigungsregelungen des § 1159 ABGB nach der Novelle ebenfalls analog auf freie Dienstverhältnisse anzuwenden sind, wurde kontrovers diskutiert.

 

Der Oberste Gerichtshof entschied im Februar 2025, dass diese Bestimmungen nicht analog auf freie Dienstverhältnisse anzuwenden sind.

 

Um die bisherige Rechtslage wiederherzustellen und Rechtssicherheit zu schaffen, soll § 1159 Abs. 6 ABGB eingeführt werden. Dieser stellt klar, dass freie Dienstverhältnisse von beiden Vertragsparteien unter Einhaltung einer Mindestkündigungsfrist von vier Wochen, die sich nach zwei Dienstjahren auf sechs Wochen erhöht, zum 15. oder Letzten eines Monats gekündigt werden können. Eine Probezeit im ersten Monat kann vereinbart werden, während der das Dienstverhältnis jederzeit lösbar ist.

 

Diese Regelungen sind zwingend und können vertraglich nicht aufgehoben oder eingeschränkt werden. Sie gelten für alle freien Dienstverhältnisse ab dem 1. Januar 2026, wobei bestehende Verträge mit abweichenden Regelungen weiterhin gültig bleiben.

 

 

Schaffung von kollektivvertraglichen Mindeststandards für freie Dienstnehmer

 

Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass Kollektivverträge künftig auch auf freie Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 4 ASVG anwendbar sein können, ohne dabei den Arbeitnehmerbegriff des Arbeitsverfassungsgesetzes (ArbVG) zu verändern.

 

Die freie Dienstnehmerschaft soll in den Anwendungsbereich der ersten drei Hauptstücke des ersten Teils des ArbVG einbezogen werden, was insbesondere Regelungen zur Kollektivvertragsfähigkeit, zur Satzungserklärung und zum Mindestlohntarif betrifft. Dadurch wird es möglich, eigene Kollektivverträge für freie Dienstnehmer abzuschließen oder sie ausdrücklich in bestehende Kollektivverträge einzubeziehen, wobei jedoch keine Verpflichtung zur Einbeziehung besteht.

 

Da viele arbeitsrechtliche Gesetze nicht für freie Dienstnehmer gelten, können entsprechende Regelungen in Kollektivverträgen für diese Gruppe keine rechtliche Wirkung entfalten, es sei denn, sie werden ausdrücklich und eigenständig formuliert. Die Regelungen zum Lehrlingseinkommen im vierten Hauptstück sowie zu Betriebsvereinbarungen im fünften Hauptstück des ArbVG bleiben auf freie Dienstnehmer unzutreffend, da Lehrlinge ausschließlich als Arbeitnehmer gelten und Betriebsvereinbarungen nicht auf freie Dienstverhältnisse ausgeweitet werden sollen.

 

Schließlich wird in § 18 ArbVG klargestellt, dass die Satzung eines ursprünglich nur für Arbeitnehmer geschlossenen Kollektivvertrags für freie Dienstnehmer lediglich Mindestentgelte und Auslagenersätze regeln darf.

 

Die Novelle des Arbeitsverfassungsgesetzes soll mit 1. Jänner 2026 in Kraft treten. Bestehende Kollektivverträge behalten ihren bisherigen Geltungsbereich, sofern dieser nicht von den Kollektivvertragsparteien geändert wird. Eine automatische Ausweitung auf freie Dienstnehmer erfolgt nicht, vielmehr ist deren ausdrückliche Einbeziehung notwendig.

 

 

2. Nationalrat fixierte Weiterbildungsbeihilfe

 

Weiters hat der Nationalrat ebenso letzte Woche mit der Weiterbildungsbeihilfe die Nachfolgeregelung für die abgeschaffte Bildungskarenz fixiert.

 

Die Weiterbildungsbeihilfe des AMS soll vor allem weniger qualifizierten Personen zugutekommen, um ihre Chancen am Arbeitsmarkt zu verbessern. Für Personen mit abgeschlossenem Master- oder Diplomstudium ist die Beihilfe nur möglich, wenn sie insgesamt mindestens vier Jahre versicherungspflichtig beschäftigt waren, davon das letzte Jahr beim aktuellen Arbeitgeber. Generell muss die karenzierte Person vor Beginn der Maßnahme zwölf Monate versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sein. Zeiten von Wochengeld und Kinderbetreuungsgeld zählen nur dann, wenn sie nicht in den letzten 26 Wochen vor Beginn der Maßnahme liegen. Damit wird eine direkte Weiterbildungsförderung nach Elternkarenz künftig ausgeschlossen.

Auch freie Dienstnehmer und Arbeitnehmer in der Land- und Forstwirtschaft können unter bestimmten Voraussetzungen eine Weiterbildungsbeihilfe erhalten. Öffentlich Bedienstete sind nur dann erfasst, wenn sie der Arbeitslosenversicherungspflicht unterliegen. Die Beihilfe kann bis zu drei Monate vor Beginn beantragt werden. Das AMS prüft dabei, ob die Maßnahme arbeitsmarktpolitisch sinnvoll ist. Personen mit niedrigem Einkommen (unter etwa € 3.465 brutto monatlich) müssen verpflichtend an einer Bildungsberatung teilnehmen.

Die Weiterbildung muss mindestens 20 Wochenstunden umfassen, bei Betreuungspflichten für Kinder unter sieben Jahren reichen 16 Wochenstunden. Bei Studien muss alle sechs Monate ein Nachweis über Prüfungen im Umfang von 20 ECTS-Punkten erbracht werden, bei Betreuungspflichten 16 ECTS-Punkte. Die Lehrveranstaltungen müssen dem Studienzweck entsprechen.

Die Höhe der Beihilfe richtet sich nach einem einkommensabhängigen Stufenmodell. Sie beträgt mindestens € 40,40 täglich und maximal € 67,94 täglich. Die Beihilfe wird jährlich angepasst. Bei Bildungsteilzeit wird sie entsprechend dem Einkommen und der Stundenreduktion berechnet.

Arbeitgeber müssen künftig einen Zuschuss leisten, wenn das Einkommen des Arbeitnehmers die Hälfte der Höchstbeitragsgrundlage übersteigt (Grenzwert 2026: € 3.465 brutto). In diesem Fall beträgt der verpflichtende Zuschuss 15 % der AMS-Beihilfe. Die AMS-Leistung reduziert sich entsprechend. Der Zuschuss ist steuerfrei und darf die Geringfügigkeitsgrenze nicht überschreiten. Die Sozialversicherungsbeiträge für diesen Zuschuss übernimmt das AMS.

 

 

3. Trinkgeldpauschalen werden neu geregelt

 

Als einen weiteren Punkt, hat der Nationalrat letzte Woche die Trinkgeldpauschalen neu geregelt. Im Wesentlichen geht es darum, dass diese nun einheitlich geregelt sind, nachdem es bisher unterschiedlichste Regeln nach Bundesländern und Branchen gegeben hatte.

 

Die Trinkgeldpauschale ist ein festgelegter Betrag, der in der Lohnverrechnung verwendet wird, um die Abrechnung von Trinkgeldern zu vereinfachen, ohne dass detaillierte Aufzeichnungen nötig sind.

 

Sie ist lohnsteuerfrei, erhöht aber die Bemessungsgrundlage für die Sozialversicherung, was sich positiv auf Ansprüche wie Arbeitslosengeld und Pension auswirkt. Bisher wurde sie in verschiedenen Branchen wie Gastronomie, Friseurwesen oder Taxiunternehmen unterschiedlich gehandhabt, wobei die Höhe je nach Bundesland variierte.

 

Mit der neuen Regelung, die ab dem 1. Januar 2026 gilt, werden österreichweit einheitliche Pauschalbeträge eingeführt – getrennt nach Mitarbeiter:innen mit und ohne Inkasso. Dadurch erhalten auch jene Beschäftigten Anspruch auf die Pauschale, die bisher trotz Trinkgeldbezug nicht berücksichtigt wurden.

 

Diese Maßnahme soll für mehr Gerechtigkeit sorgen und Konflikte mit Behörden über die genaue Höhe des Trinkgeldes vermeiden. Vorerst gilt die neue Regelung nur für Gastronomie und Hotellerie, weitere Branchen sollen folgen. Die Pauschalbeträge für die Jahre 2026 bis 2028 stehen bereits fest, danach wird eine jährliche Anpassung vorgenommen.

 

 

4. Wien erhöht Wohnbauförderungsbeitrag ab 2026 – das sollten Sie wissen

 

Ab dem 1. Jänner 2026 tritt in Wien eine wichtige Änderung in Kraft: Der Wohnbauförderungsbeitrag (WF-Beitrag) wird von 1 % auf 1,5 % angehoben. Diese Maßnahme betrifft sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber mit Dienstort Wien.

 

Was ändert sich?

 

  • Neuer Beitragssatz: 1,5 % (bisher 1 %)
  • Aufteilung: je 0,75 % für Dienstnehmer und Dienstgeber
  • Gültig für: alle bei der ÖGK Wien angemeldeten Dienstverhältnisse

 

 

Auswirkungen auf die Lohnabrechnung

Beitrag zur Sozialversicherung

Bisher

Ab 1.1.2026

Dienstnehmeranteil

18,07 %

18,32 %

Dienstgeberanteil

20,98 %

21,23 %

Hinweis: Lehrlinge, freie Dienstnehmer (ASVG) sowie Sonderzahlungen sind nicht betroffen.

 

Kontakt:

Für weitere Informationen oder Fragen zu den aktuellen Änderungen stehen Ihnen - neben Ihrem gewohnten Betreuungsteam – zur Verfügung:

 

Mag. Elisa-Maria Winterauer, M.A.

Tel. 01/24721 – 421 (elisa-maria.winterauer(at)steuer-service.at)

 

Mag. Hannes Buchebner

Tel. 01/24721 – 500 (hannes.buchebner(at)steuer-service.at)

 

 

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