Bilanzierung von Leasingverhältnissen nach IFRS 16

Ab 1.1.2019 ist er neue Standard IFRS 16 - Leasingverhältnisse verpflichtend anzuwenden und löst damit den bisherigen Standard IAS 17 ab. Der neue Standard bringt für Leasinggeber keine wesentlichen Änderungen. Für Leasingnehmer hingegen regelt IFRS 16 die Bilanzierung von Leasingverträgen grundlegend neu. Im Folgenden haben wir für Sie die wichtigsten Neuerungen zusammengefasst.

 

Anwendungsbereich und Definition

 

In den Anwendungsbereich des IFRS 16 fällt grundsätzlich die Nutzungsüberlassung von Vermögenswerten (z.B. Gebäude, Kraftfahrzeuge, Maschinen, etc.) und Miet- und Pachtverträge, Untermietverhältnisse sowie Sale & Leaseback-Transaktionen. Ausnahmen gibt es insbesondere bei der Exploration von Bodenschätzen, Dienstleistungskonzessionen und Lizenzvereinbarungen (z.B. Filme, Manuskripte, Patente, Urheberrechte, etc.), deren Bilanzierung in IFRS 15 bzw. IAS 38 geregelt sind.

Beim Vertragsabschluss muss beurteilt werden, ob ein Leasingverhältnis iSd IFRS 16 vorliegt. Dies ist der Fall, wenn der Leasinggeber dem Leasingnehmer vertraglich das Recht zur Kontrolle über einen identifizierten Vermögenswert für eine bestimmte Laufzeit einräumt und dafür eine Gegenleistung vom Leasingnehmer erhält. Die Kontrolle durch den Leasingnehmer liegt vor, wenn dieser das Recht hat, über den Leasinggegenstand zu verfügen und ihm der gesamte Nutzen über die Laufzeit des Leasingverhältnisses zufließt.

Die Identifizierung des Leasinggegenstandes geschieht entweder durch eine ausdrückliche Festlegung im Vertrag oder durch eine Identifizierung spätestens zum Zeitpunkt der Überlassung zur Nutzung. Grundvoraussetzung ist die physische Abgrenzbarkeit des Vermögenswertes (z.B. ein Stockwerk innerhalb des Gebäudes). Ein Kapazitätsanteil eines Vermögenswertes (z.B. teilweise Nutzung einer Pipeline oder eines Glasfaserkabels) ist hingegen kein identifizierter Vermögenswert iSd IFRS 16, da die physische Abgrenzbarkeit in der Regel nicht gegeben ist.

Umfasst ein Vertrag sowohl Leasing- als auch Nicht-Leasingkomponenten sind diese wahlweise separat oder zusammengefasst auszuweisen (IFRS 16.15).

 

Bilanzierung beim Leasingnehmer

 

Im Gegensatz zu IAS 17 wird nunmehr beim Leasingnehmer keine Unterscheidung zwischen Operating- und Finanzierungsleasing getroffen.

Erstbewertung: Zu Beginn des Leasingverhältnisses erfasst der Leasingnehmer auf der Aktivseite ein Nutzungsrecht (right-of-use-asset) am geleasten Vermögenswert und nicht den Vermögenswert selbst. Das Nutzungsrecht ist mit Anschaffungskosten zu bewerten, die sich im Wesentlichen aus der Bewertung der Leasingverbindlichkeit ergeben. Direkte Vertragsabschlusskosten, geleistete Vorauszahlungen oder Entsorgungs- bzw. Rückbaukosten sind ebenfalls zu berücksichtigen. Hingegen mindern Gegenleistungen die Anschaffungskosten des Nutzungsrechts.

Auf der Passivseite ist die Leasingverbindlichkeit zum Barwert der im Leasingvertrag vereinbarten Zahlungen zu erfassen. Hierzu zählen sowohl fixe als auch variable Leasingzahlungen (gekoppelt an Index oder Zinssatz), gegebenenfalls zu erwartenden Zahlungen aus Restwertgarantien, Kaufoptionsausübungen (soweit hinreichend sicher) sowie der vorzeitigen Beendigung des Leasingverhältnisses. Nutzungs- oder umsatzabhängige Leasingzahlungen sind dagegen nicht einzubeziehen.

Folgebewertung: In den Folgeperioden wird das Nutzungsrecht über die Laufzeit des Leasingvertrags planmäßig (idR linear) abgeschrieben. Zur Festlegung der Abschreibungslaufzeit werden Leasinglaufzeit und wirtschaftliche Nutzungsdauer herangezogen, wobei der kürzere der beiden Zeiträume auszuwählen ist. Im Falle einer Eigentumsübertragung oder Ausübung einer (wirtschaftlich sinnvollen) Kaufoption ist die wirtschaftliche Nutzungsdauer heranzuziehen. Eine außerplanmäßige Abschreibung ist nach den Regelungen des IAS 36 vorzunehmen.

Die Leasingverbindlichkeit ist im Rahmen der Folgebewertung um den Tilgungsanteil der gezahlten Leasingraten zu kürzen. Der korrespondierende Zinsanteil ist als Zinsaufwand zu erfassen.

Vereinfachungen: Für kurzfristige Leasingverhältnisse (unter einem Jahr und ohne Kaufoption) oder geringwertige Leasingverhältnisse darf der Leasingnehmer vereinfachend eine direkte Aufwandserfassung vornehmen (IFRS 16.5-8).

 

Übergangsvorschriften

IFRS 16 sieht ein Wahlrecht hinsichtlich der Erstanwendung vor. Gemäß IAS 8 kann eine vollständige retrospektive Anwendung erfolgen die jedoch eine entsprechende Anpassung der Eröffnungsbilanz sowie der Vergleichsinformationen der Vorperioden erfordert. Alternativ kann eine vereinfachte retrospektive Anwendung vorgenommen werden (Ermittlung des Nutzungsrechts entweder rückwirkend oder basierend auf der Leasingverbindlichkeit im Übergangszeitpunkt). In diesem Fall ist eine Anpassung der Eröffnungsbilanz mit Ausgleich über die Gewinnrücklagen im Zeitpunkt der Erstanwendung zu erfassen. Eine Anpassung von Vergleichsinformationen ist nicht notwendig. (IFRS 16.C5-C7).

Des Weiteren besteht ein Wahlrecht, das zum Zeitpunkt der Erstanwendung eine erneute Beurteilung der Verträge entfallen kann. Verträge, die vor dem 1.1.2019 als Leasingvertrag gemäß IAS 17 eingestuft wurden, können weitergeführt werden (IFRS 16.C3).

Portfoliobilanzierung: IFRS 16 ermöglicht sowohl Leasingnehmern als auch Leasinggebern mehrere ähnliche Leasingverträge zu einem Portfolio zusammenzufassen und darauf die Vorschriften des IFRS 16 anzuwenden.

 

Anwendungsfälle in der Praxis

Während für Leasinggeber die Bilanzierung der Leasingverhältnisse im Wesentlichen unverändert bleibt, ergeben sich für Leasingnehmer etliche Änderungen im Vergleich zum bisher genutzten IAS 17. Gemäß IFRS 16 sind alle Leasingverhältnisse in der Bilanz als Nutzungsrecht samt korrespondierender Leasingverbindlichkeit abzubilden. Von der Regelung sind u.a. folgende Leasingverhältnisse betroffen: Mietverträge über Bürogebäude, Büroflächen, Geschäftsräume und Geschäftslokale. Weiters gelten PKW, höherwertige Bürogeräte (z.B. Kopiergeräte) oder Maschinen, Frachtverträge mit jeweils eindeutig bestimmten LKW, Miete der Gesamtkapazität einer Datenleitung, Verträge über Datenspeicherung, etc. ebenfalls als Leasingverhältnisse. Für Software kann wahlweise IFRS 16 oder IAS 38 angewendet werden.

Hingegen können Leasingzahlungen für Tablets, Notebooks, PCs, Telefone und geringwertige Büroeinrichtungsgegenstände wie zum Bespiel Schreibtische, Rollcontainer, Stühle, etc. direkt als Aufwand erfasst werden, wenn die Leasingverhältnisse unter einem Jahr liegen und/oder der Leasingwert als geringwertig eingestuft werden kann (Richtwert von 5.000 USD).

 

Für Fragen bei der Analyse von Leasingverträgen stehen Ihnen gerne zur Verfügung:

 

·        StB. Mag. (FH) Michael Kern, LL.M.

         Tel.: 01/24721-304;    e-Mail: <link michael.kern@steuer-service.at>michael.kern@steuer-service.at</link>

 

·        StB. Mag. (FH) Peter Dietl

         Tel.: 01/24721-417;    e-Mail: <link peter.dietl@steuer-service.at>peter.dietl@steuer-service.at</link>