Das neue Arbeitszeitrecht und die rechtlichen Auswirkungen auf bestehende Gleitzeitvereinbarungen bzw. All-In-Vereinbarungen

Seit gut einem Monat steht nun die Novelle zum Arbeitszeitgesetz in Geltung und vor allem in Hinblick auf Gleitzeitvereinbarungen und All-In-Vereinbarungen haben sich – wie Diskussionen aus der Praxis zeigen –  noch offene Rechtsfragen ergeben. Der nachfolgende Beitrag soll daher kompakt und verständlich die wichtigsten Eckpunkte bezugnehmend auf die Auswirkungen des neuen Arbeitszeitgesetzes auf Gleitzeitvereinbarungen sowie All-In-Vereinbarungen beleuchten.

1.          Gleitzeitvereinbarungen:

Allgemeines:

§ 4b Abs. 4 Arbeitszeitgesetz[1] normiert seit 1.9.2018 nachfolgendes:

„Die tägliche Normalarbeitszeit darf zehn Stunden nicht überschreiten. Eine Verlängerung der täglichen Normalarbeitszeit auf bis zu zwölf Stunden ist zulässig, wenn die Gleitzeitvereinbarung vorsieht, dass ein Zeitguthaben ganztägig verbraucht werden kann und ein Verbrauch in Zusammenhang mit einer wöchentlichen Ruhezeit nicht ausgeschlossen ist. Die wöchentliche Normalarbeitszeit darf innerhalb der Gleitzeitperiode die wöchentliche Normalarbeitszeit gemäß § 3 im Durchschnitt nur insoweit überschreiten, als Übertragungsmöglichkeiten von Zeitguthaben vorgesehen sind.“

 

Eine Verlängerung der täglichen Normalarbeitszeit auf bis zu 12 Stunden ist daher lediglich unter zwei Voraussetzungen möglich:

  • Zeitguthaben müssen ganztätig verbraucht werden können und
  • ein Verbrauch in Zusammenhang mit einer wöchentlichen Ruhezeit darf nicht ausgeschlossen sein.

Wie wirkt sich diese Neuerung auf bestehende Gleitzeitvereinbarungen aus?

§ 32 Abs. 10 AZG normiert, dass bestehende Gleitzeitvereinbarungen (grundsätzlich) weiterhin aufrecht bleiben. Mit dieser Bestimmung sollte daher eine Bestandsgarantie gewährleistet werden.

  • In bestehenden Gleitzeitvereinbarungen findet sich oftmals die Formulierung, dass „die tägliche Normalarbeitszeit von 10 Stunden nicht überschritten werden darf …“.

Bleibt folglich die Gleitzeitvereinbarung in dieser Form unverändert, so gebührt dem Dienstnehmer für die geleistete 11. und 12. Stunde ein Überstundenentgelt. Hingegen hat der Dienstgeber seit dem 01.09.2018 für die 11. und 12. Stunde mit keinen verwaltungsstrafrechtlichen Konsequenzen mehr zu rechnen.

Ist unternehmensintern allerdings eine Ausdehnung auf 12 Stunden gewünscht, so ist dies nur möglich, wenn

  • der Betriebsrat dieser Änderung zustimmt bzw.
  • der jeweilige betroffene Dienstnehmer selbst zustimmt, wobei dies rechtlich nur dann möglich ist, wenn kein Betriebsrat eingerichtet ist.

 

Wir wirken sich kollektivvertragliche Bestimmungen auf Gleitzeitvereinbarungen aus?

Diese Frage wurde in Fachvorträgen nun mehrmals diskutiert, und hat sich eine einhellige Lehrmeinung dahingehend herauskristallisiert.

Normiert folglich ein Kollektivvertrag (beispielsweise der Kollektivvertrag für Angestellte der Banken und Bankiers, Kollektivvertrag für Handelsangestellte etc.), dass die tägliche Normalarbeitszeit bei einer gleitenden Arbeitszeit lediglich auf 10 Stunden verlängert werden kann, so ist es zwar zulässig, im Rahmen der Gleitzeit 12 Stunden am Tag zu arbeiten, doch sind die 11. und 12. Stunde jedenfalls als zuschlagspflichtige Überstunde zu werten.

Sollten Sie folglich eine Änderung Ihrer bestehenden Gleitzeitvereinbarung wünschen, so sind wir Ihnen hierbei jederzeit gerne behilflich.

2.          All-In-Vereinbarungen:

Ein All-In Gehalt wird dadurch charakterisiert, dass durch einen überkollektivvertraglichen Bezug grundsätzlich sämtliche geleisteten Mehr- und Überstunden bereits abgegolten sind.

Wie wirken sich nun die Änderungen des Arbeitszeitgesetzes auf bestehende All-In-Vereinbarungen aus?

Eine abschließende und allgemeingültige Beantwortung dieser Frage ist nicht möglich, da nach unserem Dafürhalten die gewählte Formulierung der All-In-Vereinbarung von wesentlicher Bedeutung ist.

Dennoch kann (pauschal) gesagt werden:

  • Wurde eine umfassende Formulierung gewählt, so ist wohl davon auszugehen, dass auch die 11. und 12. tägliche Überstunde bzw. die wöchentlichen Überstunden ab der 51. Stunde vom All-In-Gehalt abgedeckt sind.
  • Wurde jedoch eine eher begrenzte Formulierung gewählt („alle Mehr- und Überstundenleistungen“), aus welcher nicht hervorgeht, ob beispielsweise Überstunden aufgrund von Sonn- und Feiertagsarbeiten, Reisezeiten etc. abgegolten sind, so kann davon ausgegangen werden, dass die 11. und 12. tägliche Überstunde bzw. die wöchentlichen Überstunden ab der 51. Stunde von dem All-In-Gehalt nicht abgedeckt sind.

Unabhängig von den Auswirkungen der Arbeitszeitnovelle empfehlen wir Ihnen jedoch wärmstens, jährlich eine sogenannte Deckungsprüfung durchzuführen.

 

Sollten Sie eine rechtliche Überprüfung Ihrer bestehenden All-In-Vereinbarungen wünschen bzw. gegebenenfalls Adaptierungsbedarf haben, so sind wir Ihnen hierbei gerne jederzeit behilflich.

Für weitere Fragen zu diesem Thema beraten wir Sie gerne.

 

Kontakt:

 

·        Mag. Hannes Buchebner

         Tel.: 01/24721-500;    e-Mail: <link hannes.buchebner@steuer-service.at>hannes.buchebner@steuer-service.at</link>

 

·        Mag. Elisa-Maria Winterauer

         Tel.: 01/24721-421;    e-Mail: <link elisa-maria.winterauer@steuer-service.at>elisa-maria.winterauer@steuer-service.at</link>


[1] nachfolgend AZG genannt;