SV-rechtliche Auswirkungen einer Geschäftsführerüberlassung VwGH 7.9.2017, 2014/08/0046

Der Verwaltungsgerichtshof hatte sich mit der Frage auseinanderzusetzen, wer der sozialversicherungsrechtliche Dienstgeber eines überlassenen Geschäftsführers ist und hat überraschend entschieden. Doch worum ging es im Konkreten:

 

Sachverhalt:

Ein Dienstnehmer, welcher die Position des Amtsleiters in einer Stadt innehatte, wurde im Zuge einer Umstrukturierungsmaßnahme Geschäftsführer einer im Eigentum dieser Stadt stehenden (Tochter) GmbH. Dies erfolgte mittels einer Personalüberlassungsvereinbarung. Es wurde somit kein eigenes Dienstverhältnis zwischen der GmbH und dem Dienstnehmer begründet. Das Dienstverhältnis zwischen der Stadt und dem Dienstnehmer war weiterhin aufrecht.

Anfänglich war der Dienstnehmer für diese GmbH im Ausmaß von lediglich 25 % tätig. Zu einem späteren Zeitpunkt wurde jedoch – aufgrund vermehrten Arbeitsaufwandes – auf ein Beschäftigungsausmaß in Höhe von 70 % ausgedehnt. Das bestehende Dienstverhältnis zur Stadt wurde in einem reduzierten Ausmaß fortgeführt.

Für die Tätigkeit als Geschäftsführer dieser GmbH erhielt der Dienstnehmer zusätzlich zu seinem bisherigen Gehalt von der Stadt eine Funktionszulage ausbezahlt. Diese Zulage wurde sodann von der Stadt an die GmbH weiterverrechnet.

Die Stadt war der Ansicht, dass lediglich ein Dienstverhältnis mit dem Dienstnehmer vorliegt. Die Gebietskrankenkasse vertrat allerdings die Rechtsansicht, dass zwei Dienstverhältnisse, nämlich eines zur Stadt und eines zur GmbH besteht. Der VwGH hatte sich folglich mit diesen beiden unterschiedlichen Rechtsmeinungen auseinanderzusetzen.

 

Urteil und Begründung des Verwaltungsgerichtshofes:

Bei der Überlassung eines Dienstnehmers, welcher beim Beschäftiger eine Geschäftsführerposition ausübt, ist ein sozialversicherungsrechtliches Beschäftigungsverhältnis iSd § 4 Abs. 2 ASVG zum Beschäftiger iSd § 35 ASVG anzunehmen, wenn dieser mittels Bestellungsakt zum Geschäftsführer ernannt wird und somit zur Arbeitsleistung verpflichtet ist (vgl VwGH 1.4.2009, 2006/08/0013 sowie VwGH 17.1.1995, 93/08/0182). So hatte der Verwaltungsgerichtshof in den letzten Jahren entschieden.

Im vorliegenden Sachverhalt wurde allerdings der Dienstnehmer als Geschäftsführer der GmbH ohne Bestellungsakt, also ohne die konkrete Begründung eines direkten Anstellungsverhältnisses tätig.

Dennoch war der Verwaltungsgerichtshof der Ansicht, dass die Annahme eines Dienstverhältnisses zwischen dem Geschäftsführer und der aufnehmenden GmbH gegeben ist, da der geforderte unmittelbare Anspruch auf die Arbeitsleistung nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes bereits durch die Geschäftsführerbestellung bei der GmbH begründet wurde. Zudem ist ein (konkludentes) Dienstverhältnis bei der GmbH dann anzunehmen, wenn der Beschäftigergesellschaft, somit der GmbH ein unmittelbarer Rechtsanspruch auf die Arbeitsleistung des Geschäftsführers zusteht.

Nimmt sodann der Geschäftsführer seine Tätigkeit (stillschweigend) bei der GmbH auf, so begründet dieser Akt ein SV-beitragspflichtiges Dienstverhältnis iSd § 4 Abs. 2 ASVG beim Beschäftiger.

Es waren somit für beide Dienstverhältnisses sowohl die Dienstnehmer- als auch die Dienstgeber
SV-Beiträge bis zur Höchstbemessungsgrundlage zu entrichten.

 

Konsequenzen dieser Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes:

  • Diese Entscheidung bringt erhebliche Mehrbelastungen mit sich, da die Dienstgeberbeiträge zur Sozialversicherung in derartigen Fällen doppelt, also für beide Dienstverhältnisse entrichtet werden müssen;
  • Auch für ausländische Unternehmen ist diese Entscheidung relevant, da sich in dem geschilderten Fall das ausländische Unternehmen für sozialversicherungsrechtliche Zwecke in Österreich registrieren lassen muss, um so die Abfuhr der Sozialversicherungsbeiträge gewährleisten zu können

 

Für weitere Informationen oder Fragen stehen Ihnen zur Verfügung:

  • Mag. Elisa-Maria Winterauer

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