VIP News September 2023

  1. Zuschüsse für Strom und Gas
  2. Neuerungen im Gesellschaftsrecht
  3. Steuerliche Erleichterungen bei Hochwasserkatastrophen
  4. Online-Plattformen
  5. Homeoffice über die Grenze
  6. Akutelle höchstgerichtliche Entscheidungen
  7. Rundschau
  8. Terminübersicht 30. September

 

Editorial

Noch in den ersten heißen Julitagen wurden zahlreiche Gesetze beschlossen. Einige Gesetzesvorhaben sind der Sommerpause zum Opfer gefallen und bis dato noch nicht veröffentlicht. Wir informieren Sie über die Highlights der für die betriebliche Praxis wichtigen Änderungen betreffend das Energiekostenpauschale für KMU (aber leider keine News zur EKZ II), die geplante flexible Kapitalgesellschaft, steuerliche Erleichterungen für von der Hochwasserkatastrophe Betroffene, die wichtige Meldepflicht bei Online-Plattformen sowie über seit Juli geltende Regelungen beim Homeoffice über die Grenze. Nach einem Streifzug durch die Judikatur und Tipps unter der Rubrik Rundschau rundet die Terminübersicht zum 30. September 2023 diese Ausgabe ab.

Wir wünschen ein interessantes Lesevergnügen und Stehen für Rückfragen gerne zur Verfügung.

 

Ihr Steuer & Service Team

 

1. Zuschüsse für Strom und Gas

Viele Unternehmen sind von den (noch) hohen Energiekosten belastet. Um Abhilfe für diese nicht vorhersehbare explosionsartige Kostensteigerung zu schaffen, hat der Gesetzgeber diverse Entlastungen vorgesehen. In unseren vergangenen Ausgaben haben wir Ihnen Updates zu den bereits bestehenden Energiekostenzuschüssen gegeben. Um Sie weiterhin zu diesem Thema auf dem Laufenden zu halten, fassen wir die bisher ergangenen Neuigkeiten zusammen.

 

1.1 Energiekostenzuschuss II

Für den Energiekostenzuschuss II ist derzeit immer noch (!) keine Richtlinie veröffentlich worden. Wir fassen die bisher bekannten Eckpunkte nochmals zusammen und informieren Sie, sobald es dazu Neuigkeiten gibt:

  • Pro Unternehmen können zwischen € 3.000 bis € 150 Mio ausbezahlt werden.
  • Der Förderzeitraum ist: 1.1.2023 bis 31.12.2023
  • Eingeteilt wird in 5 Förderstufen:

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  • Die Antragstellung wird wie beim EKZ I über den Fördermanager der aws möglich sein.
  • Ausgenommen sind zB staatliche Einheiten, energieproduzierende oder mineralölverarbeitende Unternehmen sowie Unternehmen aus dem Bereich des Banken- und Finanzierungswesen.
  • Steuerliches Wohlverhalten wird vorausgesetzt.
  • Eine Beschäftigungsgarantie bis Ende 2024 wird vorausgesetzt.
  • Es wird Einschränkungen für Bonuszahlungen und Dividendenausschüttungen geben.
  • Bei lagerfähiger Energie wird die Förderung von Bevorratung ausgeschlossen.

Die Antragstellung wird in zwei Phasen aufgeteilt:

 

1.2 Energieskostenpauschale

Um den Energiekostenanstieg für Kleinst- und Kleinunternehmer zumindest teilweise abzudecken und damit die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Betriebsstandorte zu sichern, hat das Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft die Energiekostenpauschale geschaffen. Die Energiekostenpauschale ist seit dem 8.8.2023 und bis zum 30.11.2023 beantragbar.

Die Energiekostenpauschale umfasst eine Pauschalförderung zwischen € 110 und € 2.475 pro Unternehmen. Die Höhe der Pauschalförderung wird abhängig von der Branche (ÖNACE-Kennzahl) und dem Jahresumsatz des Jahres 2022 berechnet. Diese Förderung wird rückwirkend für das Jahr 2022 beantragt.

Die Voraussetzungen für das Erlangen dieser Förderung sind:

  • Bestehendes österreichisches Unternehmen mit Betriebsstätte in Österreich,
  • Jahresumsatz im Kalenderjahr 2022 von mindestens € 10.000 und höchstens € 400.000.

Ausgenommen sind öffentliche Unternehmen, Gebietskörperschaften, alle freien Berufe, Unternehmenssektoren Energie-, Finanz- sowie Versicherungswesen, Realitätenwesen, Landwirtschaft sowie politische Parteien und deren Unternehmen.

Die Förderung kann für drei verschiedene Zeiträume beantragt werden, die jeweils unterschiedliche Mindest- und Maximalförderungen vorsehen:

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Hinweis: Da es sich bei der Energiekostenpauschale um eine De-minimis-Beihilfe handelt, darf pro Unternehmen in den letzten drei Jahren die Summe der erhaltenen De-minimis-Beihilfen € 200.000 nicht übersteigen. Das Energiekostenpauschale ist nicht mit einem Energiekostenzuschuss I für denselben Zeitraum kombinierbar.

Da diese Förderung durch das Unternehmen selbst beantragt werden muss, möchten wir die einzelnen Beantragungsschritte kompakt darlegen:

 

Schritt 1:

  • Führen Sie einen Selbst-Check auf www.energiekostenpauschale.at durch, um zu erfahren, ob Sie antragsberechtigt sind.
  • Beantragung der Handysignatur oder ID-Austria (sofern nicht vorhanden).
  • Beantragung USP-Zugang (sofern nicht vorhanden).
  • Branchenkennzahl herausfinden: Hat Ihr Unternehmen noch keinen ÖNACE-Code, können Sie sich schriftlich an klm(at)statistik.gv.at wenden. Geben Sie dort eine Identifikationsnummer Ihres Unternehmens (zB Firmenbuchnummer, Steuernummer) und eine ausführliche Beschreibung Ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit(en) an. Sollte Ihrem Unternehmen bereits ein ÖNACE-Code zugeteilt sein, so finden Sie diesen im Unternehmerserviceportal (USP) unter „Mein USP“ / „Unternehmensdaten“ / „Haupttätigkeit“.
  • Umsatzhöhe 2022 herausfinden.

Schritt 2:

  • Anmeldung auf www.usp.gv.at.
  • Unter „Alle Services“ den Punkt „Energiekostenpauschale für Unternehmen“ auswählen.
  • Formular ausfüllen (Umsatzhöhe 2022) und einreichen.

Der Einreichung folgt eine automatisierte Prüfung, von deren Ergebnis Sie umgehend in Kenntnis gesetzt werden. Eine Bestätigungsmail für die Einreichung des Antrags wird nicht versandt. Wird der Antrag automatisch angenommen, so wird die Förderung auf das angegebene Bankkonto überwiesen. Im Falle einer Ablehnung werden Sie über die Gründe der Ablehnung informiert.

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2. Neuerungen im Gesellschaftsrecht

Aufgrund der steigenden Popularität von Start-Up Unternehmen und der mangelhaften Flexibilität des derzeitigen Gesellschaftsrechts hat der Gesetzgeber eine Start-Up-Offensive für das Gesellschaftsrecht angekündigt. Darunter fällt zB die Einführung einer neuen Gesellschaftsform, die Herabsetzung des Mindeststammkapitals für GmbHs sowie steuerlich attraktive Mitarbeitergewinnbeteiligungen. Die endgültige Gesetzwerdung bleibt abzuwarten.

 

2.1 Star-Up-Mitarbeiterbeteiligung

Im Rahmen des Start-Up-Förderungspakets soll die Beteiligung von Mitarbeitern einfacher und attraktiver werden.

Derzeit gilt eine Steuerbefreiung für Mitarbeiter im Rahmen einer jährlichen Gewinnbeteiligung von bis zu € 3.000. Selten machen neu gegründete Unternehmen in den ersten Jahren Gewinne. Daher sind alternativ virtuelle Beteiligungen (sog Phantom Shares) interessant, da diese zunächst keinen Geldfluss beim Unternehmen und keine sofortige Steuer beim Mitarbeiter auslösen.

Das geplant Modell der Mitarbeiterbeteiligung für Start-ups ab 1.1.2024 sieht vor, dass eine (fast) unentgeltliche Abgabe von Kapitalanteilen im Wege einer Kapitalerhöhung an Dienstnehmer möglich ist. Im Zeitpunkt, in dem die Beteiligung übertragen wird, fällt keine Steuer an. Erst im Zeitpunkt der Veräußerung oder sonstiger Umstände gilt der dann aktuelle Wert der Anteile als zugeflossen und löst die Steuerpflicht aus.

Der Entwurf sieht folgende Voraussetzungen vor:

  • Das Unternehmen muss im Zeitpunkt der Abgabe der Anteile im vorangegangenen Wirtschaftsjahr durchschnittlich weniger als 100 AN und nicht mehr als € 40 Mio Umsatz haben sowie nicht konsolidierungspflichtig sein.
  • Die Gewährung der Anteile muss binnen 10 Jahren nach Ablauf des Gründungsjahres erfolgen.
  • Der Arbeitnehmer darf weder unmittelbar noch mittelbar eine Beteiligung von 10% oder mehr halten.
  • Zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber besteht eine Vinkulierung im Falle der Veräußerung / Übertragung.
  • Erklärung des Arbeitnehmers, von der Regelung gem § 67a EStG Gebrauch zu machen, ist dem Lohnkonto beizulegen.

Für die Besteuerung der Start-Up-Mitarbeiterbeteiligung ist vorgesehen, dass pauschal 75% des geldwerten Vorteils dem festen Steuersatz von 27,5% unterliegen, die restlichen 25% sollen mit dem Progressionstarif besteuert werden. Voraussetzung für die begünstigte Besteuerung ist, dass die Anteile mindestens 5 Jahre gehalten wurden oder bei Beendigung des Dienstverhältnisses dieses mindestens 3 Jahre lang gedauert hat. Der geldwerte Vorteil bemisst sich nach dem Veräußerungserlös oder dem gemeinen Wert.
Auch im Sozialversicherungsrecht sind Begünstigungen geplant.

 

2.2 Senkung der Mindestkörperschaftssteuer

Der Entwurf des Gesellschaftsrechtsänderungsgesetzes 2023 sieht ua zur Förderung von Unternehmensgründungen vor, das Mindeststammkapital einer GmbH generell auf € 10.000 zu senken. Damit entfällt die bisherige Auffüllverpflichtung für gründungsprivilegierte GmbHs. In Anlehnung an das GmbH-Gesetz soll auch für die künftige Flexible Kapitalgesellschaft (FlexKap) ein Mindeststammkapital von € 10.000 gelten, welches bei der Gründung zur Hälfte bar aufgebracht werden muss.
Die Mindest-KöSt für eine GmbH beträgt 5% des gesetzlichen Mindestkapitals, derzeit also 5% von € 35.000 = € 1.750 pa. Durch die Senkung des Mindestkapitals auf € 10.000 beträgt die Mindest-KöSt für eine GmbH oder FlexKap künftig generell € 500 pa.
Dies wird mit den KöSt-Vorschreibungen 2024 für alle GmbH umgesetzt werden.

 

2.3 Neue Rechtsform „Flexible Kapitalgesellschaft“

Eingebettet im Entwurf des Gesellschaftsrechtsänderungsgesetzes (GesRÄG) 2023 soll ein eigenes Gesetz für die Gründung einer Flexiblen Kapitalgesellschaft eingeführt werden, welches eine subsidiäre Geltung des GmbH-Rechts vorsieht. Individuellere Ausgestaltungen in manchen Bereichen nach dem Vorbild des Aktienrechts sollen ebenfalls möglich sein. Als Bezeichnung für die neue Kapitalgesellschaft wird „flexible Kapitalgesellschaft“ vorgeschlagen, um auf die weitreichenden Gestaltungsmöglichkeiten dieser Rechtsform hinzuweisen. Im Firmenwortlaut kann die Bezeichnung auch mit „FlexKap“ abgekürzt werden. Im internationalen Verkehr kommt auch die englische Version „Flexibel Company“ oder „FlexCo“ in Betracht.
Als Kernstück wird die im Entwurf vorgesehene Ausgabe von „Unternehmenswert-Anteilen“ präsentiert, für deren Übertragung / Übernahme nur geringe Formerfordernisse bestehen und den Anteilsinhabern grundsätzlich keine Mitwirkung an der Willensbildung der Gesellschaft zukommen lassen. In diesem Punkt gibt es offenbar noch Verhandlungsbedarf. Die endgültige Gesetzwerdung bleibt abzuwarten.

 

3. Steuerliche Erleichterungen bei Hochwasserkatastrophen

Anlässlich der aktuellen Katastrophenschäden im Zusammenhang mit Hochwasser und Erdrutschungen wurde vom Finanzministerium eine Information veröffentlicht, in welcher auf diverse steuerliche Erleichterungen hingewiesen wird. Wir möchten Sie über die wichtigsten Erleichterungen in dieser Ausgabe hinweisen:

  1. Abgabenrechtliche Fristen können bei unmittelbarer Betroffenheit einer Naturkatastrophe verlängert werden. Darunter fallen zB Beschwerdefristen, die Frist zur Abgabe der monatlichen Umsatzsteuervoranmeldung oder Umsatz- bzw Einkommensteuerjahreserklärungen.
    Wurde bereits eine Frist versäumt, so kann mittels Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, dieses Versäumnis saniert werden.
  2. Bei unmittelbarer Betroffenheit stehen Erleichterungen bei Steuer(voraus)zahlungen zu. Diese umfassen Anträge auf Zahlungserleichterung (Ratenzahlung/Stundung) sowie Anträge auf Neuverteilung der Ratenzahlungen, Anträge von der Geltendmachung von Terminverlusten abzusehen, Anträge auf Herabsetzung bzw Nichtfestsetzung von Säumnis- bzw Verspätungszuschlägen.
    Die Anträge auf Herabsetzung der Vorauszahlungen für das Jahr 2023 wird einmalig bis zum 31.10.2023 ausgedehnt (regulär endet die Frist am 30.9.2023).
  3. Leistungen aus dem Katastrophenfonds sind für die Empfänger steuerfrei. Freiwillige Zuwendungen zur Beseitigung von Katastrophenschäden sind von der Einkommen- bzw Lohnsteuer befreit (zB zinslose Darlehen an Arbeitnehmer, Spende an einen betroffenen Haushalt).
    Spenden sind nur an spendenbegünstigte Einrichtungen gemäß Liste des BMF abzugsfähig. Direkte Spenden an Betroffene sind nicht abzugsfähig. Eine Ausnahme davon sind werbewirksame „Katastrophenspenden“ von Unternehmen an Betroffene.
  4. Die allgemeinen Investitionsbegünstigungen gelten gleichermaßen für Ersatzbeschaffungen im Zusammenhang mit Hochwasserschäden. Diese umfassen die lineare bzw degressive Abschreibung bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern. Bei Gebäuden ist die beschleunigte Abschreibung für neu hergestellte bzw angeschaffte Gebäude möglich. Aufwendungen zur Beseitigung von Hochwasserschäden sind grundsätzlich als sofort absetzbarer Instandhaltungsaufwand zu klassifizieren. Nur wenn die Aufwendungen einer Herstellung gleichkommen, ist eine beschleunigte Abschreibung möglich. Des Weiteren steht der Investitionsfreibetrag sowie alternativ der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag zur Verfügung. Scheidet ein Wirtschaftsgut, für das ein investitionsbedingter Gewinnfreibetrag oder ein Investitionsfreibetrag geltend gemacht wurde, vor Ablauf der 4-Jahresfrist auf Grund von Naturkatastrophen aus dem Unternehmen aus, so unterbleibt eine Nachversteuerung.
  5. Im Rahmen der Liebhabereibeurteilung zählen Naturkatastrophen zu sogenannten Unwägbarkeiten bzw unvorhersehbaren Ereignissen. Wird eine Betätigung auf Grund einer Naturkatastrophe beendet, so stellt sie bis zur Aufgabe eine Einkunftsquelle dar, sofern bis zum Eintritt der Naturkatastrophe eine Gewinn- bzw Überschusserzielungsabsicht vorhanden war.
  6. Zwangsläufige Kosten im Zusammenhang mit Naturkatastrophen können im Rahmen der Veranlagung als außergewöhnliche Belastungen (ohne Selbstbehalt) absetzbar sein. Voraussetzung dafür sind über die Schadenserhebung aufgenommene Niederschriften sowie Rechnungen, die dem Finanzamt vorgelegt werden müssen. Die Höhe des steuerlich anzuerkennenden Kostenausmaß ist je nach Art der Ersatzbeschaffung im Einzelfall zu beurteilen. Werden steuerfreie Subventionen und/oder Versicherungsleistungen für die Ersatzbeschaffungen gewährt, so sind die Kosten um diese zu kürzen. Werden Darlehen aufgenommen, um Ersatzbeschaffungen zu finanzieren, so sind nicht nur die Zinsen, sondern auch die Darlehenstilgungen als außergewöhnliche Belastung anzusetzen.
  7. Direkt Betroffene können bis zum 31.10.2023 für die voraussichtlichen Kosten der Katastrophenschäden einen Freibetragsbescheid beantragen, welcher im Rahmen der Lohnverrechnung 2023 (noch vor der Lohnabrechnung Dezember 2023) rückwirkend berücksichtigt werden kann.
  8. Für bestimmte Gebühren und Bundesverwaltungsabgaben besteht im Zusammenhang mit Katastrophenschäden eine Befreiung. Zu diesen zählen:
    • Feste Gebühren für Ersatzausstellungen von Schriften (zB Reisepass, Führerschein etc).
    • Gebühren für Baubewilligungen, Zulassungen von PKWs usw.
    • Rechtsgeschäftsgebühren für Ersatzbeschaffungen von zerstörten Wirtschaftsgütern (Bestandsvertrag, Leasingvertrag, damit zusammenhängende Pfandrechte etc).
    • Alle Amtshandlungen, die durch Katastrophenschäden veranlasst worden sind, sind von Bundesverwaltungsabgaben befreit.
      Wurde bereits eine Gebühr bezahlt, so kann diese zurückverlangt werden.
  9. Unter gewissen Einschränkungen kann die Grunderwerbsteuer bei Ersatzbeschaffungen von Grund und Boden nicht bzw teilweise nicht festgesetzt werden.

 

 4. Online-Plattformen

Viele buchen gerne ihre Urlaubsquartiere über booking.com oder airbnb. Dies lockt kreative Jungunternehmer an, auch mit der Vermittlung von Sonnenschirmen, Gesundheitsleistungen oder E-Bikes dem Trend zu folgen. Dabei darf die steuerliche Mitteilungspflicht solcher Online-Plattformen nicht übersehen werden.

Internet-Plattformen, die steuerpflichtige Leistungen an Privatpersonen (Konsumenten) im Inland vermitteln bzw unterstützen, müssen seit 1.1.2020 Aufzeichnungen über die Leistungserbringer und deren Einnahmen führen und grundsätzlich die Informationen an das Finanzamt weiterleiten. Diese gesetzliche Verpflichtung besteht zum Beispiel dann, wenn die Plattform die Vermietung von Wohnungen (Ferienwohnung an Touristen) oder die entgeltliche Gäste-Beherbergung vermittelt. Das Finanzamt darf die Informationen auch den Abgabenbehörden der Länder und Gemeinden (auf deren Anfrage) weiterleiten.

Aufgrund der Vorgaben einer EU-Richtlinie hat sodann im Jahr 2022 der österreichische Gesetzgeber das Digitale Plattformen-Meldepflichtgesetz (DPMG) geschaffen, dass die steuerlichen Pflichten der digitalen Plattformen noch weitergehender regelt. Die vom Digitale Plattformen-Meldepflichtgesetz erfassten Tätigkeiten sind solche an Konsumenten wie auch solche an Unternehmer, insbesondere die Vermietung von Immobilien, persönliche Dienstleistungen, der Verkauf von Waren und die Vermietung jeglicher Verkehrsmittel. Dieses Gesetz ist mit 1.1.2023 in Kraft getreten. Es verpflichtet die Plattformbetreiber, die Informationen einmal jährlich bis zum 31. Jänner des Folgejahres elektronisch dem Finanzamt zu übermitteln. Die erste Meldung für den Meldezeitraum 2023 hat bis spätestens 31.1. 2024 an das Finanzamt zu erfolgen. Das Finanzamt kann die Daten auch den ausländischen Steuerverwaltungen weiterleiten. Spezielle Strafbestimmungen für Plattformen sollen abschreckend wirken. Bei schuldhafter Verletzung der Meldepflicht drohen Geldstrafen bis zu € 200.000.

Zusätzlich sind in landesgesetzlichen Vorschriften betreffend Tourismusabgaben (Ortstaxe, Aufenthaltsabgabe, Nächtigungsabgabe) ebenfalls Meldepflichten für Internet-Plattformen enthalten. Beispielsweise regelt das Wiener Tourismusförderungsgesetz (für Zwecke der Wiener Ortstaxe) seit August 2017, dass Online-Plattformen die Namen der Unterkunftgeber (Vermieter) und die Adressen aller ihrer auf der Plattform registrierten Unterkünfte im Gebiet der Stadt Wien dem Magistrat bis zum 15. des der jeweiligen Registrierung nächstfolgenden Monats bekanntgeben müssen.

Auch die Verletzung der Meldepflicht nach dem Wiener Tourismusförderungsgesetz steht unter Strafe. Auf der Plattform einer irischen Gesellschaft waren 6.877 Wiener Wohnungen (Unterkunftseinheiten) registriert. Weil die irische Gesellschaft dem Magistrat Wien die Daten der Vermieter und der einzelnen Wohnungen (von August 2017 bis März 2019) nicht bekannt gegeben hatte, nahm der Magistrat 6.877 Verwaltungsübertretungen an und verhängte deshalb über den Geschäftsführer der Gesellschaft eine Geldstrafe von € 240.695. Der Fall ging bis zum VwGH, der diese Strafe kürzlich bestätigte.

Praxistipp: Geschäftsführer digitaler Plattformen sollten rechtzeitig vor dem Jahresende prüfen, ob eine korrekte und vollständige Übermittlung der meldepflichtigen Daten auch aus technischer Sicht möglich ist.

 

5. Homeoffice über die Grenze

Work-Life-Balance und das Arbeiten von Zuhause aus ist für die neue Generation an Mitarbeitenden nicht mehr wegzudenken. Nach dem Ende der Covid-19-Sonderregelungen gilt es, diese Form des Arbeitens in das bestehende Regelwerk einzubinden.

Homeoffice und Arbeitsstätte in unterschiedlichen Ländern
Liegt der Wohnort und damit das Homeoffice des Dienstnehmers nicht im Sitzstaat des Arbeitgebers, führt dies zu steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Besonderheiten. Diese Situation liegt etwa dann vor, wenn das Homeoffice des Dienstnehmers in Österreich liegt, der Sitz des Arbeitgebers aber im Ausland. Die Problematik betrifft hier einerseits (a) die Besteuerung des Gewinnes des Arbeitgebers, falls das Homeoffice als eine Betriebsstätte eingestuft wird, und andererseits (b) die Besteuerung des Arbeitslohnes.

 

  1. Homeoffice des Dienstnehmers als mögliche inländische Betriebsstätte des ausländischen Arbeitgeberbetriebes
    Wird das inländische Homeoffice des Dienstnehmers als Betriebsstätte des Arbeitgebers eingestuft, ist ein Teil des Arbeitgebergewinnes im Inland zu besteuern. Ein Homeoffice gilt allerdings dann von vornherein nicht als Betriebsstätte, wenn der Dienstnehmer dort nur Hilfstätigkeiten erbringt, also Tätigkeiten, die nicht das Kerngeschäft des Arbeitgebers betreffen. Wesentlich ist Folgendes: Eine Betriebsstätte kann nur dann vorliegen, wenn der Arbeitgeber Verfügungsmacht über das Homeoffice hat. Keine Verfügungsmacht des Arbeitgebers wird angenommen, wenn die Tätigkeit lediglich gelegentlich (oder zB seinerzeit lediglich pandemiebedingt) im Homeoffice ausgeübt wird. Verfügungsmacht wird zudem beim Homeoffice auf Wunsch nicht angenommen, also der Arbeitgeber das Homeoffice nicht verlangt und dem Dienstnehmer einen ständigen Arbeitsplatz (im Betrieb) zur Verfügung stellt, der auch tatsächlich genutzt wird. Der ausländische Arbeitgeber ist also auf der sicheren Seite, wenn er dem Dienstnehmer einen Arbeitsplatz im Betrieb zur Verfügung stellt und das Homeoffice bloß erlaubt, aber nicht anordnet. In einer jüngst ergangenen Anfragebeantwortung hat das BMF diese Auffassung bestätigt, aber offen gelassen, ob auch beim Führungspersonal des Betriebes das bloße „Nichtverlangen“ eines Homeoffice ausreicht, um eine Betriebsstätte des Arbeitgebers zu verhindern.
     
  2. Besteuerung des Dienstnehmers wegen des inländischen Homeoffice.
    Arbeitslöhne werden grundsätzlich am Tätigkeitsort steuerpflichtig. Insoweit der vom ausländischen Arbeitgeber bezahlte Lohn auf Arbeitstage im inländischen Homeoffice des Dienstnehmers entfällt, steht Österreich das Besteuerungsrecht zu (eine Ausnahme hat es für die Pandemiezeit gegeben). Falls der ausländische Arbeitgeber in Österreich eine Betriebsstätte hat, muss er für einen in Österreich steuerpflichtigen Lohnanteil den österreichischen Lohnsteuerabzug vornehmen. (Bei jenen DBAs, die eine Grenzgängerregelung enthalten, ist zu beachten, dass Grenzgängerregelungen das arbeitstägliche Pendeln zwischen Betrieb und Wohnung verlangen und daher bei regelmäßigem Homeoffice unanwendbar werden.)
    In der Sozialversicherung gilt: Jeder Dienstnehmer ist nur in einem EU-Mitgliedstaat pflichtversichert, grundsätzlich in seinem Tätigkeitsstaat. Während der Pandemie hatte die Tätigkeit im Homeoffice nichts an der Sozialversicherung geändert. Ab 1.7.2023 gilt: Wenn der über die Grenze pendelnde Dienstnehmer mindestens 25% seiner Berufstätigkeit in seinem Wohnsitzstaat erbringt, ist dieser Wohn-Mitgliedstaat für die Sozialversicherung zuständig. Der Dienstnehmer kann allerdings aufgrund einer neuen europäische Rahmenvereinbarung (MRV-Telearbeit) für grenzüberschreitende Telearbeit einen „Ausnahmeantrag“ stellen, um in der Sozialversicherungszuständigkeit des Arbeitgeberstaates zu bleiben, wenn er weniger als 50% der Gesamtarbeitszeit im Homeoffice im Wohnsitzstaat verbringt.

 

6. Akutelle höchtsgerichtliche Entscheidungen

Ein Streifzug durch die aktuelle VwGH-Judikatur zeigt immer wieder interessante und für die betriebliche Praxis informative Sachverhalte auf, die neben einer Klarstellung auch für bislang nicht bedachte Fragenstellungen von Nutzen sind.
 

Besteuerung der im Scheidungsvergleich festgelegten Rente
Zwei Eheleute hatten anlässlich ihrer einvernehmlichen Ehescheidung eine Vereinbarung über den Verzicht auf Unterhalt und die Aufteilung des Vermögens getroffen. Ein seinerzeit als Wertanlage angeschafftes, im gemeinsamen Eigentum stehendes Miethaus sollte in das Alleineigentum der Frau übergehen. Die Frau verpflichtet sich im Gegenzug zu einer monatlichen Leibrente an den Mann. Aufteilungen im Scheidungsvergleich gelten normalerweise als unentgeltlicher Vorgang. Da aber die Rente exakt so vereinbart wurde, dass der Kapitalwert der Rente dem Verkehrswert des übertragenen Hälfteanteils am Miethaus entsprach, war steuerlich von einer entgeltlichen Übertragung der Liegenschaftshälfte gegen Kaufpreisrente auszugehen. Das bedeutete ab dem Jahr, in welchem die Rentenzahlungen den kapitalisierten Wert der Rentenverpflichtung überstiegen, folgendes: Die Frau kann die Rentenzahlungen einkommensteuerlich vollständig als Sonderausgaben absetzen, während der Mann den Renteneingang versteuern muss (sobald die Renten seine Anschaffungskosten für die Miethaushälfte übersteigen).
 

Anrechnung ausländischer Quellensteuern auf Zinsen bei der österreichischen Privatstiftung
Erzielt eine österreichische Privatstiftung im Ausland Zinserträge, die grundsätzlich bei der Privatstiftung der österreichischen Zwischenbesteuerung unterliegen, und behält der ausländische Staat von diesen Zinserträgen aufgrund eines DBA Quellensteuer ein, so kann die Privatstiftung diese Quellensteuern in Österreich nur anrechnen, soweit in Österreich im betreffenden Veranlagungsjahr tatsächlich Zwischensteuer oder normale Körperschaftsteuer anfällt.

 

Gebührenpflicht bei ungewisser Höhe des Entgelts
Mit einem Zessionsvertrag wurde eine ungewisse Forderung abgetreten. Dabei wurde vereinbart, dass der zu zahlende Abtretungspreis davon abhängt, mit welchem Betrag die Forderung in Zukunft eingebracht werden kann. Der Abtretungspreis wurde aber mit einem Höchstbetrag begrenzt. Ein solcher Abtretungsvertrag unterliegt der vom Abtretungspreis abhängigen Gebühr nach dem Gebührengesetz. Entgegen der Ansicht des Finanzamtes darf die Gebühr aber nicht vom höchstmöglichen Entgelt (hier: der vereinbarte Höchstbetrag) bemessen werden, vielmehr ist die wahrscheinliche Höhe des künftigen Entgelts zu schätzen (ähnlich bei einem umsatzabhängigen Pachtentgelt). Allenfalls kann das Finanzamt auch zunächst einen bloß vorläufigen Gebührenbescheid erlassen.
 

Grunderwerbsteuer bei Beendigung einer OG/KG durch Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters
Die Ehefrau und der Ehemann waren die einzigen Gesellschafter einer grundstückhaltenden OG. Der Ehemann schenkte seinen OG-Anteil der Ehefrau, wodurch die Gesellschaft erlosch und die Ehefrau zur Alleineigentümerin des Grundstücks wurde. Für die Berechnung der GrESt ist entscheidend: Es liegt hier kein begünstigter Grundstücks-Erwerb vom anderen Ehegatten vor. Vielmehr hat die Ehefrau das Grundstück direkt von der (untergehenden) Gesellschaft erhalten. Die Grunderwerbsteuer beträgt daher 3,5% der Gegenleistung, zumindest 3,5% des gemeinen Wertes des gesamten Grundstücks.
 

Zeitpunkt des Einlangens schriftlicher Eingaben an das Finanzamt
Wenn ein Steuerpflichtiger eine schriftliche Eingabe an das Finanzamt schickt, gelangt diese nicht unmittelbar in das Veranlagungsreferat. Die Eingabe wird nämlich finanzintern an eine zentrale Stelle in Wien geleitet, dort eingescannt (Scanning-Straße) und erst anschließend (einige Tage später) elektronisch an das zuständige Team der betrieblichen Veranlagung weitergeleitet. Der VwGH hat entschieden, dass die Eingabe erst mit dem Zeitpunkt des elektronischen Einlangens beim zuständigen Team der betrieblichen Veranlagung als dem Finanzamt „bekannt“ anzusehen ist. Hat das Finanzamt etwa – aufgrund der über FinanzOnline eingereichten Steuererklärung – einen Bescheid bereits einen Tag vor dem elektronischen Einlangen der gescannten Eingabe beim Team der betrieblichen Veranlagung erlassen, dann kann die in der Eingabe enthaltene Information eine neu hervorgekommene Tatsache sein, die das Finanzamt zur Wiederaufnahme des Verfahrens und zur Erlassung eines geänderten Bescheides berechtigt.
 

Abgabenhinterziehung des Steuerberaters, der Steuererklärung für Klienten nicht einreicht
Wenn sich der Steuerberater gegenüber dem Klienten verpflichtet, für ihn die Steuererklärung abzugeben, kann beim Steuerberater eine Abgabenhinterziehung vorliegen, sollte er vorsätzlich die Steuererklärung nicht in der gesetzlichen Frist beim Finanzamt einreichen. Im vom VwGH entschiedenen Fall wendete der Steuerberater ein, er habe die Steuererklärung nicht einbringen können, weil ihm der Klient die erforderlichen Buchhaltungsunterlagen nicht übergeben hat. Der VwGH sprach aus, die Abgabenhinterziehung des Steuerberaters durch Unterbleiben der Einreichung der Steuererklärung hat zur Voraussetzung, dass der Steuerberater seine Pflicht überhaupt erfüllen kann. Das ist aber nur der Fall, wenn er vom Klienten die erforderlichen Unterlagen erhalten kann. (Hinweis: verweigert ein Klient vorsätzlich die Vorlage der Unterlagen, kann bei diesem ein Abgabenhinterziehung vorliegen.)
 

Verlängerter Anspruch auf Urlaubsersatzleistung bei fehlender Aufforderung zum Verbrauch
Demnach verjährt der Urlaub nicht, sollte es der Arbeitgeber verabsäumt haben, den Arbeitnehmer zum Verbrauch seines Urlaubsanspruchs aufgefordert bzw auf die drohende Verjährung dieses Anspruchs hingewiesen zu haben. Insofern folgt der OGH in seiner Entscheidung der vom EuGH vertretenen Linie.

 

7. Rundschau

7.1 Servicepauschale als „Zwangstrinkgeld“ in der Gastronomie

In der Gastronomie steht ein fixes Servicepauschale als zwingendes Trinkgeld in Diskussion. Einzelne Gastwirte haben ein solches bereits eingeführt. Dabei wird übersehen: Nur das freiwillige Trinkgeld ist für die Kellner einkommensteuerlich steuerfrei gestellt. Ein Trinkgeld, welches der Gast zwangsweise zahlen muss, stellt hingegen für das Servicepersonal lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohn dar und unterliegt auch der Sozialversicherungspflicht. Weiters besteht auch die Gefahr, dass das Finanzamt ein „Zwangstrinkgeld“ beim Gastwirt der Umsatzsteuer unterziehen muss; es unterliegt dann der Umsatzsteuer wie der sonstige Preis der jeweiligen Konsumation.

 

7.2 Österreich goes international: EU-Umgründungsgesetz

Mit dem EU-Umgründungsgesetz (EU-UmgrG) wurde in Österreich eine Richtlinie der EU umgesetzt. Das EU-UmgrG bezieht sich auf Kapitalgesellschaften mit Sitz in der EU oder im EWR.  Es ermöglicht

- die Verlegung des Sitzes der Gesellschaft von einem Mitgliedstaat in einen anderen,
- die grenzüberschreitende Verschmelzung von Gesellschaften,
- die grenzüberschreitende Spaltung von Gesellschaften,
- die grenzüberschreitende Einbringung von Vermögen in eine Gesellschaft.

Die grenzüberschreitende Sitzverlegung war zwar aufgrund der EuGH-Rechtsprechung schon bisher möglich, hat jetzt aber eine gesetzliche Grundlage erhalten. Die Verlegung des Sitzes in einen anderen Staat bewirkt, dass die Gesellschaft die betreffende Rechtsform des Zuzugsmitgliedstaates erhält; es gilt dann nur mehr das Recht des Zuzugsmitgliedstaates. Das Gesetz schränkt aber nicht ein, dass eine österreichische GmbH nur zu einer ausländischen GmbH werden kann; auf Wunsch kann eine GmbH durch die Sitzverlegung auch zu einer ausländischen AG werden oder eine AG zu einer ausländischen GmbH. Das EU-UmgrG bezeichnet diese Sitzverlegung als „Umwandlung“ und verlangt hierfür gesellschaftsrechtlich einen „Umwandlungsbeschuss“, der in der Gesellschafterversammlung mit ¾-Mehrheit gefasst wird.
Aus steuerlicher Sicht führen die im EU-UmgrG geregelten Verlagerungen ins Ausland idR zur Einschränkung des Besteuerungsrechts Österreichs am Vermögen der Gesellschaft. Daher sind die im Zeitpunkt der Verlagerung vorhandenen stillen Reserven des Vermögens der Gesellschaft in Österreich zu versteuern; es besteht aber das Recht, die Steuer in Raten zu entrichten.

 

7.3 Umsatzsteuer kraft Rechnungslegung entschärft

Der Europäische Gerichtshof hat in seiner jüngsten Entscheidung zum Thema „Umsatzsteuer kraft Rechnungslegung“ eine wesentliche Entschärfung der bisherigen unionsrechtlichen und österreichischen Rechtslage zum Ausdruck gebracht.

Im vorliegenden Fall wurden von einer GmbH Rechnungen mit zu hoch ausgewiesener Umsatzsteuer an Konsumenten ausgestellt. Die zu hohe Umsatzsteuer wurde von der GmbH zunächst an das Finanzamt abgeführt, aber bereits in der Umsatzsteuererklärung des betreffenden Jahres berichtigt, sodass eine Gutschrift in der Höhe der überhöhten Umsatzsteuer entstanden ist. Diese Gutschrift wurde vom Finanzamt verweigert, da keine Rechnungskorrekturen an die Endkonsumenten ausgestellt wurden, sondern nur die Umsatzsteuererklärung einseitig korrigiert wurde. Die Finanzverwaltung warf der GmbH auch vor, sich mit der Umsatzsteuergutschrift zu bereichern, da die Endkonsumenten die erhöhte Umsatzsteuer getragen haben.

Der EuGH führt jedoch aus, dass der Sinn und Zweck der Regelung „Umsatzsteuer kraft Rechnungslegung“ darin besteht, dass das Steueraufkommen nicht gefährdet wird. Dadurch, dass die Rechnungen ausschließlich an Konsumenten ausgestellt wurden, welche ohnehin nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, ist das Steueraufkommen aufgrund der falschen Rechnungen nicht gefährdet. Steuerlich kann demnach eine Rechnungskorrektur unterbleiben, wenn falsch ausgestellte Rechnungen an Geschäftspartner bzw Kunden ausgestellt werden, welche selbst nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. Mit dem Vorwurf der Bereicherung durch die Umsatzsteuergutschrift hat sich der EuGH in seiner Entscheidung nicht befasst. Das BFG hat nunmehr der GmbH die Gutschrift gewährt. Ob zwecks Vermeidung der Bereicherung eine Pflicht zur Rückerstattung der zu viel bezahlten Umsatzsteuer an die Endkonsumenten besteht, blieb vorerst offen.

Aufgrund des Urteils des EuGH hat der Gesetzgeber nunmehr mit dem AbgÄG 2023 im österreichischen UStG die Regelungen über das Entstehen der Umsatzsteuerschuld kraft unrichtiger Rechnung angepasst: Es ist jetzt ausdrücklich vorgesehen, dass eine unrichtige Rechnung keine zusätzliche Steuerschuld auslöst, wenn eine Lieferung oder sonstige Leistung ausschließlich an Konsumenten erbracht wird, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind.

 

7.4 WiEReG-Novelle

Der EuGH hat entschieden, dass die bisher im WiEReG geregelte, komplett uneingeschränkte öffentliche Einsicht in das Register der wirtschaftlichen Eigentümer beschränkt werden muss. Dies ist jetzt mit einer Novelle zum WiEReG erfolgt. Die Einsichtnahme erfordert nunmehr ein berechtigtes Interesse. Für bestimmte begünstigte Organisationen oder Personen (Medien, Zivilgesellschaft), die einen Bezug zur Verhinderung der Geldwäsche bzw. Terrorismusfinanzierung aufweisen, wird das berechtigte Interesse unterstellt. Andere Antragsteller auf Gewährung der Einsicht müssen hingegen nachweisen, dass aufgrund wirtschaftlicher oder persönlicher Elemente ein hinreichendes Interesse am wirtschaftlichen Eigentümer eines bestimmten Rechtsträgers besteht. Zudem können berufsmäßige Parteienvertreter, wie zB Steuerberater, Auszüge aus dem Register abfragen und sie an ihre Klienten übermitteln, wenn das Vorliegen des berechtigten Interesses als offenkundig einzustufen ist.
Mit der Novelle wurden weiters bspw Meldeverpflichtungen für Stiftungen und Treuhandschaften erhöht. Bei Stiftungen und Trusts muss zB offengelegt werden, ob ein Stifter, Gründer oder Trustor als Treuhänder tätig ist.
Die Novelle schafft weiters die rechtliche Grundlage für die rasche und effektive Zusammenarbeit der Registerbehörde mit anderen nationalen und internationalen Behörden.

 

8. Terminübersicht 30. September 2023

Der 30. September ist ein wichtiger Termin für die Jahresabschlüsse und Steuererklärungen des vorangegangenen Jahres, Herabsetzungsanträge oder Abschlagszahlungen für das laufende Jahr.

  • Rückwirkende Umgründungsvorgänge
    Um in den Genuss des Umgründungssteuerrechts zu kommen, sind rückwirkende Umgründungen zum Stichtag 31.12.2022 bis spätestens 30.9.2023 beim Firmenbuch bzw beim zuständigen Finanzamt anzumelden.
     
  • Letzte Möglichkeit der (elektronischen) Antragstellung auf Vorsteuererstattung von in anderen EU-Ländern angefallenen Vorsteuern
    Der Erstattungszeitraum umfasst mindestens drei Monate und maximal ein Kalenderjahr. Zu beachten sind die Mindesterstattungsbeträge (€ 50 im Kalenderjahr, € 400 im Quartal). Bitte informieren Sie sich vorher über die im jeweiligen Land geltenden Bestimmungen für einen Vorsteuerabzug. So sind beispielsweise in vielen EU-Mitgliedsstaaten Verpflegungskosten, Bewirtungsaufwand, Hotelkosten und PKW-Aufwendungen vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen und daher auch nicht erstattungsfähig.
     
  • Vermeidung von Anspruchszinsen für Steuernachzahlungen 2022
    Ab 1. Oktober kommt es für Nachzahlungen aus der Einkommen- und Körperschaftsteuer des vorigen Kalenderjahres zur Verrechnung von Anspruchszinsen von 5,38% pa (Stand August 2023). Um diese zu vermeiden, empfiehlt es sich, bis zum 30.9.2023 eine freiwillige Anzahlung in Höhe der zu erwartenden Steuernachzahlung zu leisten. Anspruchszinsen unter € 50 werden nicht vorgeschrieben (Freigrenze). Bei Guthaben aus der Veranlagung 2022 (auch aus der Umsatzsteuerveranlagung) werden Anspruchszinsen gutgeschrieben.
     

Praxistipp: Die Nachzahlung einer USt-Restschuld aufgrund einer Umsatzsteuerjahreserklärung sollte zur Vermeidung von finanzstrafrechtlichen Problemen tunlichst umgehend entrichtet werden, jedenfalls aber binnen Monatsfrist ab Einreichung der Jahreserklärung (= konkludente Selbstanzeige).
 

  • Firmenbuch - Offenlegung des Jahresabschlusses 31.12.2022
    Die Jahresabschlüsse von Kapitalgesellschaften, verdeckten Kapitalgesellschaften, Zweigniederlassungen ausländischer Kapitalgesellschaften und bestimmter Genossenschaften mit dem Bilanzstichtag 31.12.2022 sind elektronisch beim Firmenbuch einzureichen und offenzulegen.
    Wer es dennoch nicht schafft, fristgerecht einzureichen, dem droht eine automatische Zwangsstrafe von mindestens € 700 pro Geschäftsführer (Vorstand) und Gesellschaft (kleine Kapitalgesellschaften) sowie alle zwei Monate weitere automatische Zwangsstrafen bis der Jahresabschluss beim Firmenbuch hinterlegt ist. Bei mittelgroßen Kapitalgesellschaften erhöht sich die Zwangsstrafe im ordentlichen Verfahren auf das Dreifache, also mindestens € 2.100 pro Organ und Gesellschaft; bei großen Kapitalgesellschaften auf das Sechsfache, also mindestens € 4.200 pro Organ und Gesellschaft. Bei Kleinstkapitalgesellschaften halbiert sich der Strafrahmen und beträgt € 350.

Hinweis: für die Fristeinhaltung ist das Einlangen bei Gericht relevant. Da es erfahrungsgemäß bei der elektronischen Einreichung durchaus zu Verzögerungen wegen Überlastung der Server kommen kann, empfiehlt es sich, einen Zeitpuffer einzuplanen.

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  • Herabsetzung der Einkommen- und Körperschaftssteuervorauszahlungen 2023 beantragen
    Bis zum 30.9.2023 ist es möglich, die Einkommen- sowie Körperschaftsteuervorauszahlungen für das laufende Jahr sowohl herabsetzen zu lassen als auch entsprechend vorliegender Berechnungen oder Schätzungen zu erhöhen. Im Jahr 2023 wird diese Frist für von Naturkatastrophen (Hochwasser, Erdrutschungen) direkt Betroffene auf den 31.10.2023 ausgedehnt.